Vom Altbau zum nachhaltigen Wohntraum:

Eine Sanierung mit Vision und Engagement

Vom Altbau zum nachhaltigen Wohntraum:

In einer beschaulichen Gemeinde im Oberland, nahe des Schliersees, steht ein Haus, das über die vergangene Dekade hinweg eine bemerkenswerte Transformation erlebt hat. Ursprünglich 1922 gebaut, später um einen Anbau in den 1960er Jahren ergänzt und schließlich 2011 in den Besitz des aktuellen Eigentümers übergegangen, spiegelt dieses Gebäude beispielhaft die Geschichte eines Dorfes und seiner arbeitenden Bevölkerung über ein gutes Jahrhundert wider.

Ansicht des Hauses vor der Sanierung
Beim Umbau
Südansicht des Hauses nach der Sanierung
Nachher

Mit viel Engagement, Sachverstand und einem klaren Ziel vor Augen – die Beseitigung der angesammelten baulichen „Altlasten“ – wurde das Haus Stück für Stück vom Hausbesitzer Erwin Bacher und seiner Frau Diana erneuert und dabei zu einem Paradebeispiel moderner und nachhaltiger Sanierung. Daher hat die Energiewende Oberland (EWO) das Objekt im Rahmen des Interreg Bayern-Österreich geförderten Projektes GO Altbau zum nächsten *Haus des Monats Februar 2025* gekürt und würdigt damit nicht nur das beeindruckende Engagement von Familie Bacher, sondern insbesondere die individuelle Vision von einer Synthese aus moderner Heizungs- und Haustechnik sowie dem Erhalt des traditionellen Baustils und der architektonischen Geschichte des Hauses. Mit der Auszeichnung und dem Bericht über das Projekt von Familie Bacher sollen andere Hausbesitzer in der Region dazu ermutig werden, selbst eine Sanierung ins Auge zu fassen. Die Zeit dazu ist reif.

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„Wir haben ein großes Grundstück mit einem alten Haus vorgefunden. Bei der Sanierung war der Grundgedanke, dass man vorhandenen Bausubstanz sowei möglich und sinnvoll, erhält – neue Baumaterialien sind sonst immer mit einem Material- und Energieaufwand verbunden", so Erwin Bacher. 

 

Sanierung in mehreren Etappen

Die Sanierung erstreckte sich über ein ganzes Jahrzehnt, von 2011 bis 2021, und umfasste nahezu alle Bereiche des Hauses. Dabei lag der Fokus auf der Erhaltung der soliden Grundsubstanz, während zahlreiche bauliche Mängel aus der Vergangenheit beseitigt wurden.

Zu den zentralen Maßnahmen gehörten:

  • Kernsanierung im Inneren: Neue Böden, Putz, Decken und die Installation moderner Haustechnik.
  • Verbesserung der Energieeffizienz: Ein komplett erneuertes Dach mit Wärmeschutz, neue Fenster und Türen sowie eine aufgebesserte Außenfassade mit WDVS
  • Erweiterung und Modernisierung des Kellers: Dieser wurde um ca. 30 cm vertieft, neu betoniert und verputzt. Heute bietet er voll nutzbare, beheizte Wohnfläche.
  • Heizungsmodernisierung: Von einer 2012 eingebauten Gasheizung erfolgte der Übergang zu einer modernen Außenluft-Wasser-Wärmepumpe im Jahr 2021.

Nach Abschluss der Arbeiten steht den Bewohnern eine Wohnfläche von ca. 185 m² zur Verfügung, einschließlich des nun komfortabel ausgebauten Kellers.

Impression Ausgrabung Keller

Heutige Ostansicht

Energieversorgung und Heizung im Wandel

Vor Beginn der Sanierung war das Haus mit einer Gasheizung ausgestattet, die durch die Gastherme aus dem Jahr 2001 betrieben wurde. Warmwasser wurde teilweise über elektrische Durchlauferhitzer bereitgestellt. Der Weg zur modernen, emissionsarmen Energieversorgung erfolgte in mehreren Schritten:

  • 2012: Installation einer neuen Gasheizung, ergänzt durch einen Kaminofen. Warmwasseraufbereitung in der Küche mit elektrischem Durchlauferhitzer
  • 2018: Umstellung der Warmwasserbereitung auf eine Innenluft-Wasser-Wärmepumpe. (Wärmepumpen-Brauchwasserspeicher im Keller)
  • 2021: Einführung einer Außenluft-Wasser-Wärmepumpe als primäres Heizsystem. Austausch und Zubau der Heizkörper (Dimensionierung auf neue WP eingestellt)

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„Dank viele Optimierungsmaßnahmen bin ich mit der Effizienz sehr zufrieden. Die Wärmepumpe erreicht eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von 3,9“,

 

resümiert Bacher zufrieden. Den Großteil des Stroms kann er mit seiner Photovoltaik-Anlage decken.

Photovoltaik: Das Herzstück des Hauses

Seit 2018 wird die gesamte Energieversorgung des Hauses durch eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 16,3 kWp und einem Speicher von 9,2 kWh unterstützt. Die Ergebnisse des Messjahres 2023/2024 unterstreichen die Effizienz des Systems:

  • PV-Ertrag: 15.199 kWh
  • Gesamtstromverbrauch: 6.969 kWh, davon 69 % PV-Eigenverbrauch insgesamt 84 % aus erneuerbaren Quellen.
  • Stromverbrauch für Raumheizung: 2.398 kWh (Jahresarbeitszahl: 3,9)
  • Stromverbrauch für Warmwasser: 428 kWh 

Das Gebäude ist unterdessen vollständig auf elektrischen Betrieb ausgerichtet. Nach Fertigstellung des Hauses werden weder Gas noch Holz für die Wärmeaufbereitung genutzt.

Photovoltaik-Anlage
Montage der Solaranalage

Nachhaltigkeit und ökologisches Bauen

Im Sinne ökologischer Verantwortung wurden bei der Sanierung vorrangig natürliche und langlebige Baustoffe eingesetzt:

  • Kalk- und Kalkzementputze für Innen- und Außenflächen.
  • Wärmedämmung mit Glaswolle (Dach) und Steinwolle (Fassade).
  • Verwendung unbehandelter oder geölter Hölzer.
  • Recycelbare Materialien für Wasser- und Heizungsrohre.

Der Einsatz von mineralischen Baustoffen und der Verzicht auf Styropor im Wärmedämm-Verbundsystem sind Beispiele für die konsequente ökologische Ausrichtung des Projekts.

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Fassadendämmung 

Effizienz, Starkregen- und Hitzeschutz

Auch bei der Planung der Energieeffizienz und des Schutzes vor Extremwetter wurde nichts dem Zufall überlassen:

  • Die kleinen Fenster minimieren die Sommerhitze, ergänzt durch Hitzeschutz-Rollos am Dachfenster.
  • Das gesamte Niederschlagswasser wird auf dem Grundstück versickert, und das Gelände ist so gestaltet, dass auch Starkregen kontrolliert abfließen kann.
  • Die Wärmeverluste des Hauses sind durch die umfangreiche Dämmung auf ein Minimum reduziert.

Erhalt des traditionellen Baustils mit kleinen Fenstern

Erhalt des traditionellen Baustils mit kleinen Fenstern

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Herausforderungen und Erfolge

Die Sanierung brachte neben vielen Erfolgen auch einige Herausforderungen mit sich. Beispielsweise führten die hohen Entsorgungskosten für Altmaterialien zu ungeplanten Mehrkosten von etwa 35.000€. Es waren viele Container nötig, um die Bausünden der vergangenen 100 Jahre abzutransportieren, berichtet der Bauherr im Interview. Außerdem rät Erwin Bacher allen potenziellen Nachahmern, lieber etwas mehr Zeit und Geld in Planung und Ausführung zu investieren, als durch schnelle Vorgänge Fehler zu provozieren. Ein weiterer Detailtipp des Hausherrn lautet:

„Wenn man langfristig eine Wärmepumpeninstallation plant, zunächst aber noch eine funktionierende Gastherme und viele schöne Heizkörper rumliegen hat, dann sollte man zumindest die Verrohrung der Heizung schon für die zukünftige Wärmepumpenheizung auslegen, sonst muss man später viel ändern und tricksen und wirtschaftet nicht kostengünstig mit Blick in die Zukunft!“

Außenansicht nach fertigem Umbau

AUßENANSICHT NACH FERTIGEM UMBAU

Außerdem rät der Bauherr zu einer sehr genauen Begutachtung der vorhandenen Bausubstanz:

“Je weniger man sich selbst auskennt, desto wichtiger sind Experten. Wenn man letztere nicht im Freundeskreis hat, lohnt es sich hier, ruhig etwas mehr Geld auszugeben.“

Eine zusätzliche Herausforderung bei einer Sanierung kann die aufwendige Erneuerung der Außenfassade in einem bereits angelegten Garten sein. Das bricht einem schonmal kurzfristig das Herz. Insgesamt muss so eine Sanierung schon ein leidenschaftliches Hobby sein oder werden, oder man hat viel Geld und kann handwerkliche und organisatorische Aufgaben auslagern. In jedem Fall überwiegen für Erwin Bacher aber am Ende die positiven Ergebnisse, insbesondere die Energieeffizienz und Wohnqualität des Hauses. Es ist schön zu sehen, wie stolz ein Hausherr nach getaner Arbeit auf sein Werk blicken kann.

Erwin Bacher vor seinem Haus

ERWIN BACHER VOR SEINEM WOHNHAUS HEUTE

Ein inspirierendes Projekt für Sanierungsinteressierte

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„Ein Neubau kann teurer und nervenaufreibender sein als eine durchdachte Sanierung. Aber bei einem Neubau hat man definitiv den Nachteil, dass es am Ende viel weniger amüsante Anekdoten zu erzählen gibt, wie zb.

Nach dem Kauf des Hauses 2011 schätzte meine Frau die Kosten für die Innensanierung, bis wir erstmal einziehen können, auf 50.000 €. Da widersprach ich sofort aus voller Überzeugung und sagte: "Mindestens 100.000 €.

Letztlich hatten wir beide Recht: Die Sanierung kostete bis Einzug ca. 150.000 €."

Die Sanierung von Familie Bacher zeigt eindrucksvoll, wie ein altes Gebäude in ein modernes, nachhaltiges Zuhause verwandelt werden kann. Mit der richtigen Mischung aus Planung, Fachwissen und Geduld ist es möglich, historische Substanz zu bewahren und gleichzeitig die Vorteile moderner Technik zu nutzen.

Gemäß dem spezifischem Primärenergieverbrauch für Heizung/Warmwasser wäre das umgebaute Haus vermutlich ein EffizienzHaus 40, ohne formal alle Einzelkriterien zu erfüllen. Aber da Erwin Bacher und seine Frau an vielen Stellen ihren eigenen Weg eingeschlagen haben, konnten keine regulären Förderungen in Anspruch genommen werden, da die klassischen Vorgaben nicht erfüllt wurden. Ein Beispiel für den individuellen Sanierungsfahrplan ist zb. der Verzicht auf eine Kellerdeckendämmung aufgrund folgender Überlegungen:

Der Keller wurde, wie bereits erwähnt, bis auf einen Meter unter Gelände mit einer Perimeter Außendämmung gedämmt. So ist der Keller gegen kalte Außenluft gut isoliert und man verliert übers Erdreich relativ wenig Wärme. (Faustregel: Kein Frost ab circa 80 Zentimetern Tiefe.) Da bei der Sanierung des Hauses aufgrund der massiven Außenwände ohnehin viel über die Speichermasse als Haupt-Isolationsfaktor gearbeitet werden sollte, maß Bacher die Wärmeverluste durch den Erdboden genauer nach und kam zu dem Ergebnis, dass auch der Erdboden isolierend wirken kann. Zwar ist die Wärmeleitfähigkeit relativ hoch, aber die ‘Dämmungsdicke‘ natürlich umso grösser, nach unten hin sogar ‘unendlich‘. Der Erdboden funktioniert also, solange er nicht zu nass oder von Wasser durchströmt wird, wie eine Wärmedämmung. Aber dieser Fakt ist Teil des Gesamt-Prinzips, denn der Erdboden verschlingt am Ende nicht die großen Wärmemassen.

Dieses individuelle Vorgehen unterstreicht, dass Lösungen, die den Voraussetzungen und Möglichkeiten angepasst wurden, oftmals die besten sein können, wenngleich sie auch zunächst unplausibel erscheinen mögen. 

Daher zeigen wir zum Schluss noch einige Impressionen des inspirierenden Bauprojektes.

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZUR GELUNGENEN SANIERUNG, FAMILIE BACHER!

Impressionen

Küche

DIE KÜCHE NACH DEM UMBAU

Treppenhaus nach Sanierung

DAS NEUE TREPPENHAUS

Der Hausherr heute

DER HAUSHERR HEUTE