Von der Ruine zum Kleinod
Hans Well verwandelt denkmalgeschütztes Dorfhaus in Energie-Juwel
Inmitten der malerischen Landschaft Oberbayerns steht ein kleines, aber feines Glanzstück der Sanierungskunst: Ein denkmalgeschütztes bayrisches Dorfhaus aus dem 16. Jahrhundert, das unter Anleitung des Musikers Hans Well mit viel Erfahrung und Engagement zum modernen Effizienz-haus umgerüstet wurde.
Vorher |
Nachher |
Well ist Bauherr aus Leidenschaft, könnte man sagen. Er hat bereits eine gute Hand voll Bauprojekte betreut und begleitet. Und im Klosterort Polling, das unter anderem für die Beherbergung der Familie Mann Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt ist, wurde er wieder fündig: 2019 erwarb er das historische Objekt, um es dann mit ortsansässigen Handwerkern drei Jahre lang aufwendig zu renovieren. Die historische Bausubstanz wurde behutsam bewahrt, während die moderne Technik für ein behagliches und zugleich energieeffizientes zuhause sorgt. Das Ergebnis ist ein Schmuckstück, das eindrucksvoll zeigt, wie Tradition und Nachhaltigkeit miteinander vereint werden können.
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„Wells Haus ist ein Paradebeispiel dafür, wie man ein altes Gebäude mit aktueller Technik aufwerten, aber gleichzeitig seinen Charakter erhalten kann", befindet die EWO.
„Die Sanierung ist eine Inspiration für alle, die sich mit dem Gedanken an eine Sanierung befassen."
Die Auszeichnung "Haus des Monats" würdigt nicht nur Wells herausragende Leistung und den geschmackvollen Einrichtungsstil seiner Gattin Sabeeka; sie soll auch andere HausbesitzerInnen dazu ermutigen, den Schritt in Richtung energieeffizientes Wohnen anzupacken. Daher wagen wir uns heute etwas genauer an die Geschichte und die Maßnahmen, die im Zuge der von Well in Angriff genommenen Modernisierung des Gebäudes umgesetzt wurden:
Ostansicht früher
Heutige Ostansicht
Das Haus war zum Zeitpunkt des Erwerbs lange Zeit unbewohnbar gewesen. Außerdem drohte Einsturzgefahr. Well wagte sich trotzdem an die Sanierung aller Gewerke und legte dabei besonders viel Wert auf die energetische Ertüchtigung. Es wurde eine Luft-Wärmepumpe im Garten aufgestellt, die unter anderem die Wärme für die neu verlegten Fuß- und Wandheizungen liefert. Den Strom für den Betrieb der Wärmepumpe sammelt bei gutem Wetter eine Ost-West-PV-Anlage, die auf dem nicht einsehbaren Teil des Hauses installiert ist. Außerdem wurde ein 880 Liter Pufferspeicher aufgestellt, der die Sonnenenergie aus der PV-Anlage bei geeigneter Witterung speichert und damit das gesamte Haus bis auf wenige Wochen im Winter vollständig mit Heizung und Warmwasser versorgt.
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„Die Erwärmung des Hauses funktioniert problemlos über die 20 kW Wärmepumpe“,
resümiert Well zufrieden. Im Winter müssen lediglich an Schlechtwettertagen überschaubare Mengen an Strom zugekauft werden.
Der ökonomische Betrieb der Wärmepumpe steht und fällt mit der Beschaffenheit der Gebäudehülle. Ein Haus, das wenig Energie nach Außen verliert, benötigt im Umkehrschluss natürlich deutlich weniger Energie, um es beschaulich warm zu bekommen. Daher lohnen sich Überlegungen hinsichtlich der Aufwertung der Gebäudehülle bis zum Niedrigenergiehausstandard. Hans Well hat sich bei seinem Projekt für folgende Investitionen entschieden, um die moderne Heiztechnik möglichst effizient zu betreiben:
- die alten Außenfenster wurden, wo es nötig war, teilweise renoviert
- alle Fenster wurden innen mit zweiflügeligem Isolierglas als Kastenfenster ausgebaut
- das Dach wurde mit 28 cm Holzfaserdämmung aufgestockt
- die Außenwand wurde mit Aerogelputz aufgearbeitet (ein mineralischer, atmungsaktiver, unbrennbarer Baustoff mit einer Wärmeleitzahl von 0,16. Laut Aussage des Bauherrn aber leider in der Anschaffung nicht besonders günstig)
Dämmung Dachgeschoss / Schlafzimmer Süd |
Bad Erdgeschoss / Installation Sanitärtechnik + Vorbereitung Fußbodenheizung |
Wie sich auf den Bildern unschwer erkennen lässt, lag 2019 noch eine Menge Arbeit vor dem Bauherrn und seinen Kompagnons. Gute zweieinhalb Jahre lang waren die Handwerker mit dem Umbau beschäftigt. Dabei hebt Well besonders den zuständigen Beamten des Denkmalamtes lobend hervor, der stets kooperative Ansätze für bauliche Problemstellungen zuließ und die Arbeiten nicht behinderte, sondern im Gegenteil sogar förderte. Das habe er bei anderen Behörden schon ganz anders erlebt, betont Well bei unserem Gespräch. Immerhin war es das achte Projekt, das er als Bauherr begleitete. „Allmählich machen die Bandscheiben nicht mehr mit“, kommentiert der 71-jährige Kabarettist schmunzelnd. Um den Bau voranzubringen hat er viele Hilfsarbeiten selbst ausgeführt, aber auch einige neue Fähigkeiten wie zum Beispiel das Fliesenlegen neu dazugewonnen. Bei den ersten drei Projekten habe er noch viele Fehler gemacht und dementsprechend hohes Lehrgeld bezahlt. Bei diesem Projekt habe er die Anfängerfehler bereits vermeiden können. Vor allem das richtige Fachpersonal und gut aus-gewähltes Baumaterial seien entscheidend für das gute Gelingen eines Sanierungsprojektes!
Ökologische Baustoffe und alternative Nutzungskonzepte
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Hans Well ist was den Einsatz der richtigen Baumaterialien angeht, erfreulicherweise wenig kompromissbereit. In seinem Auswahlprozess betrachtet er nicht nur die Ist- bzw. Anschaffungskosten des Materials, sondern gleichzeitig Herstellungs-/ Verarbeitungs-/ Haltbarkeits- und Entsorgungsbilanzen. Daher kamen bei seinem Modernisierungsprojekt ausschließlich ökologisch hergestellte oder abbaubare Baustoffe zum Einsatz, was die Energiewende Oberland an dieser Stelle als besonders lobenswert hervorheben möchte. Darüber hinaus wurde alles Baumaterial, das wiederverwendet werden konnte nach Bedarf ausgebessert und erneut zum Einsatz gebracht:
Türen mit einer guten Grundsubstanz wurden ausgebessert und abermals eingesetzt, Balken wurden ertüchtigt und als tragende Elemente reanimiert, Wandelemente und -malereien wurden erhalten. Wenn möglich wurden Elemente von anderen Baustellen wie zb. Bodenfliesen gesammelt und wiederverwendet.
Ausgebesserte Türen und Rahmen im Innenbereich des Denkmalgeschützten Gebäudes
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„Für mich ist Sanieren immer besser als Neu bauen. Damit erhält man Energie und Material“,
spricht der Hausherr überzeugt. Darüber hinaus bietet ein Umbau auch immer die Möglichkeit, den Wohnraum neu zu gestalten und die Wohnfläche nach den eigenen Wünschen zu verändern. Aus dem Projekt in Polling ist ein großzügiges Ferienhaus mit vielen Schlafzimmern, Bädern und großen Aufenthaltsbereichen geworden, in dem sich die Familie Well auch selbst gerne gemeinsam trifft und Feste feiert. Auch die anderen Feriengäste dürften schnell zum Sanieren inspiriert werden, denn in den Räumlichkeiten ist mit viel Liebe zum Detail die Symbiose aus Alt und Neu eindrucksvoll ansprechend ausgestaltet worden.
VORHER
NACHHER
Nur die Gestaltung der Decke lässt auf diesen Bildern noch erahnen, dass es sich hier um die gleichen Räumlichkeiten handelt. Der Stall beherbergt heute die Küche und das Esszimmer des Hauses. Das Gebäude ist auf den Stand eines modernen Wohnhauses gebracht worden, musste aber den Charme des historischen Flairs dabei keinesfalls einbüßen. Die daraus entstandene Wohlfühlatmosphäre dürfte bei den temporären Bewohnern des Hauses schnell die Lust auslösen, selbst ein Renovierungsprojekt anzugehen!
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„Wenn man allmählich fertig wird und sieht, wie das Haus von Tag zu Tag schöner wird: Das ist doch das Schönste an so einem Prozess“,
unterstreicht Well auf die Frage hin, warum sich ein Sanierungsprozess am Ende auszahle. „Außerdem gewinnt man viele Freunde dazu, wenn die Nachbarn, die Gemeinde oder die ansässigen Baufirmen in die Renovierung mit eingebunden werden“, erzählt der Bauherr weiter. So eindeutig und durchweg positiv hat tatsächlich noch keiner der bislang prämierten Preisträger des *Haus des Monats* über seine Sanierung gesprochen. Und um diesen Eindruck weiter Nachdruck zu verleihen, zeigen wir zum Schluss noch ein paar Impressionen vom fertig sanierten Baudenkmal in Polling. Herzlichen Glückwunsch zu diesem besonderem Projekt, Hans Well!
Impressionen
TENNE VORHER
TENNE NACHHER
Stube nach Ausgrabung
Stube mit Rohboden und Wandheizung
Tenne vorher
Tenne nachher
Hans Well vor der Haustür seines denkmalgeschützten Dorfhauses in Polling