Transformation der Tradition

Transformation der Tradition

Eigentum als Verantwortung im besten Sinne

Ansicht des Hauses vor der Sanierung
Bestand Südseite (1965)
Sanierte Rückansicht
Sanierte Südseite (2022)

Projektdaten:

Standort:Oberammergau
Baujahr:1965
Sanierungsjahr:2017 - 2024
Förderprogramme:KfW-Kredit 55
Sonstige Infos:Mehrfamilienhaus

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"Eine energetische Sanierung und die damit verbundene Modernisierung der eigenen Immobilie lohnt sich immer!

Fürs Klima, für den Geldbeutel, für die kommenden Generationen und fürs eigene Glück!"


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Ein Besuch im Haus von Heino Buchwieser, Schreinermeister und Hutladenbesitzer aus Oberammergau, kommt einem kurzen Gang durch die Geschichte des Holz-Handwerks der letzten 60 Jahre gleich. Sein Zuhause, das 1964 von den Eltern gebaut wurde, schmückt sich mit etlichen, liebevoll gestalteten Zimmerdecken, Fußböden, Türrahmen, Möbelstücken und neuerdings auch einem prächtig konstruierten Dachstuhl aus regional geschlagenen Holzbalken. Alles ist selbstverständlich eigenhändig und unter Einsatz verschiedenster Fähigkeiten und Techniken gestaltet und gefertigt worden. Kein Wunder also, dass dem Bauherrn daran gelegen war, das Haus – und damit auch die Jahrzehnte währende Tradition – zu erhalten und fit für die Gegenwart zu machen.

“Eigentum verpflichtet!“

Diesen Satz wird Buchwieser nicht müde zu wiederholen. Die Aufforderung impliziert für ihn jedoch keinesfalls ein belastendes Moment, sondern vielmehr eine Chance! Besitz sollte angemessen gepflegt, ausgebaut und für die Nachkommenschaft nutzbar gemacht werden. Deshalb setzt Buchwieser auf Materialien und Bautechniken, die nicht nur regional und ökologisch sinnvoll sind, sondern bei entsprechendem Umgang auch seine Kinder noch überdauern werden. Vor sechs Jahren begann der passionierte Sänger mit dem Umbau des Elternhauses und hat Stück für Stück ein wahrhaft beeindruckendes Paradeexemplar für eine gelungene Symbiose aus Tradition und moderner Technik geschaffen. Deshalb hat die Energiewende Oberland heuer im Rahmen des vom INTERREG Programm VI-A Bayern – Österreich 2021-2027 geförderten Projektes *GO Altbau* (Informationen zum Projekt) das Haus der Buchwiesers als “Haus des Monats“ (November) ausgezeichnet. 


Am Anfang steht das Material

 …und das ist im Falle von Herrn Buchwieser, seiner Familie und die für ihre Passionsspiele national bekannte Ortschaft Oberammergau natürlich Holz. Der Vater ein Holzbildhauer, der Sohn ein Zimmerer und Buchwieser selbst Schreinermeister und Fachlehrer an der Staatlichen Berufsfachschule für Holzbildhauer in Oberammergau. Da summiert sich innerfamiliär so einiges an Fachwissen und Materialliebhaberei. Es wundert also nicht, dass man sich entschied, auch im jüngsten Sanierungsprozess etwa 40 Kubikmeter Holz zu verarbeiten. Alles im eigenen Wald oder in der näheren Umgebung geschlagen. Der Bauherr schwört auf den Einsatz von regionalem Massivholz als biologisch abbaubares, haltbares, CO2-bindendes und gut zu verarbeitendes Baumaterial. Deshalb bekommt man bei einer Besichtigung seines Bauprojektes auch nicht nur einen höchst informativen Exkurs in Materialkunde, sondern verliert auch so einige Gewissheiten über vielpropagierte, hölzerne Wahrheiten: 

„Eine Fußbodenheizung mit Holzboden funktioniert bei der richtigen Wahl der Holzart nahezu einwandfrei. Eiche zum Beispiel ist ein hartes, gut leitendes Holz und insofern bestens geeignet in Kombination mit einer Fußbodenheizung.“ 

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“Holz verzeiht einem nichts.“, sagen die, die nicht firm sind mit dem Baustoff. Bei fachmännischer Berücksichtigung aller Materialeigenschaften und korrekter Anwendungsweise bzw. Konstruktion ist Holz ein absolut robuster und brauchbarer Rohstoff, erklärt dagegen Buchwieser. Bei ihm ist praktisch alles aus Holz gefertigt: Balkonkonstruktionen, Dachstuhl, Zimmerdecken, Fußböden, Schränke, Türrahmen. Und nur wenn wirklich kein Weg daran vorbeiführt, wird das Holz mit Chemie behandelt und lackiert oder geölt. Buchwieser will keine giftigen Stoffe in seinem Zuhause verarbeitet wissen oder beschäftigten Facharbeitern zumuten, mit gesundheitsbelastendem Material arbeiten zu müssen. 

„Unbehandeltes Holz zeigt bei anhaltender Feuchtigkeitsbelastung schnell eine graue Einfärbung auf der Oberfläche. Das ist aber lediglich als “Schönheitsfehler“ zu bewerten, beeinträchtig also in keinster Weise die Stabilität des Materials.“ 


Impressionen UMBAU

Aufbau Dachstuhl
Aufbau Dachstuhl
Einbau Eichenholzfußboden

Einbau Eichenholzfußboden

Holz arbeitet und braucht dementsprechend viel Platz, denn gerade bei Feuchtigkeit dehnt sich der Rohstoff aus. Lässt man ihm allerdings genug Platz, hat man in der Regel auch keine Schäden zu befürchten. Jeder Baustoff hat seine eigenen Gesetzte und wird bei Buchwieser so verwendet, wie er in der Natur vorkommt. 


Impressionen UMBAU

Einsatz Kellerdämmung
Einsatz Kellerdämmung
Einbau Fußbodenheizung DG

Einbau Fußbodenheizung DG

 

Umgesetzte Maßnahmen

Außenwand:WDVS (Wärmedämmverbundsystem) mit 14 - 16 Zentimeter Mineralfaser-Steinwolle
Fenster:Neue Fenster (3-fach verglast), z.T. alte Fenster (2-fach-verglast) erhalten und aufgebessert (neue Dichtungen, Zusatzscheiben, etc.)
Speicher:Ausbau Dachgeschoss (Aufstockung + neue Dachkonstruktion, Holzfaser-Aufdachdämmung (alte Dämmung der oberen Geschossdecke wurde wiederverwendet), Einbau Fußbodenheizung, Anbau dreier Holzbalkone)
Innenausbau:Erneuerung bzw. Aufbereitung der Böden, Neubau der Treppe ins Dachgeschoss, Einbau dezentraler Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, Anbau zweier Wintergärten
Keller:Kellerdeckendämmung mit Holzfaserdämmplatten (12 cm, verputzt)
Außen: Perimeterdämmung mit 14 - 16 Zentimetern Dicke

Heizsystem
+ erneuerbare Energiegewinnung:

Kombination aus Flächenheizung und Heizkörpern

  • Einbau einer Fußbodenheizung
  • Einbau einer Erdwärmepumpe mit 3 x 125 Metern tiefen Bohrungen (Heizleistung 21,8 kW) + PV-Anlage mit 28,6 kWp
  • Einbau eines 500 Liter Pufferspeichers
  • Pufferspeicher für die Solarthermieanlage: 1.000 Liter

Impressionen BILDER UMBAU

Durchbruch für Balkonzugang
Durchbruch für Balkonzugang
Betonierung der neuen Treppe
Betonierung der neuen Treppe
Ausbau des Anbaus
Ausbau des Anbaus

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Technische Daten:

Heizwärmebedarf:75 % Reduktion (8.300 kWh)
Heizkostenersparnis:69 % Reduktion
Reduktion des Energieverbrauchs:90 % (5,4 MWh)
Reduktion der CO2-Emissionen:77 % (3,41 t)

"Eigentum ist Verantwortung im besten Sinne"

– Heino Buchwieser –


–> weitere Schritte

 

Klima-Anpassungen:

Einsatz ökologischer Baustoffe (Flachs zur Dichtung der Fenster, Holz) zwei Versickerungsschächte
für Niederschlagswasser, d.h. das Regenwasser vom Dach wird in zwei Schächte geleitet, versickert
auf dem eigenen Grundstück und muss nicht der Kläranlage zugeführt werden, was wiederum eine
Ersparnis bei den Niederschlagswassergebühren mit sich bringt.

Umbau:Wohnfläche Bestand: 260 m2 –> Wohnfläche nach Sanierung: 360 m2
Nutzungsart:Mehrfamilienhaus + Ferienwohnung

Sanierungsmaßnahmen und Förderungen bei der Altbausanierung

Durch die Sanierung hat das Haus eine Energieeffizienzklasse eines KfW Hauses 55 erreicht. Das bedeutet, dass das Haus den damaligen, gesetzlichen, energetischen Mindesstandard eines Neubaus noch um 45 % übertreffen konnte. Den Kredit bzw. die Förderung für ein Effizienzhaus 55 bei der KfW zu beantragen war unter zu Rate ziehen der Expertise eines Energieberaters vergleichsweise ein Kinderspiel im Sanierungsprozess, bestätigt Buchwieser. Die Vorzeige-Effizienzklasse und damit ein deutlich gesenkter Energiebedarf konnte unter anderem durch den Umbau der Heizung und die Erneuerung der Gebäudehülle erzielt werden. Die Bestandswände wurden durch ein Wärmedämmverbundsystem mit 14 bwz. 16 Zentimeter dicken Steinwolle-Dämm-Platten aufgestockt. Überdies wurden alle alten 2-fach-verglasten Fenster neu verdichtet und im Bedarfsfall überarbeitet bzw. durch eine eigens angefertigte, zusätzliches Verglasung verstärkt. Das Motto des Bauherrn lautete stets und eindeutig:

Wiederverwenden, Erhalten und Aufbessern.


Impressionen BILDER UMBAU

Abriss des alten Daches
Abriss des alten Daches
Gießen der Betondecke für das neue DG

Gießen der Betondecke für das neue DG


Umgesetzte Sanierungsmaßnahmen

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Wo neue Räume entstanden sind und neue Fenster unumgänglich waren, wurden 3-fach-verglaste Holzfenster installiert. Die ehemals zur Speicherdeckendämmung verwendeten Holzfaserplaten sind bei den Giebelwänden der neu dazugewonnenen Dachgeschosswohnung, sowie bei der Kellerdeckendämmung wiederverwendet worden. Die Nutzung des niedrigen Speichers als Wohnung ergab sich durch eine Anhebung der Dachneigung sowie durch die Begradigung der ehemals teilweise schrägen Betondecke des ersten Obergeschosses. Unter anderem durch diese Maßnahme sind insgesamt 100 Quadratmeter zusätzlicher Wohnraum geschaffen worden. Außerdem wurde eine Indach PV Anlage auf das neue Dach gesetzt und die alte Solarthermieanlage reinstalliert.

Die PV-Anlage deckt bei gutem Weter den Strombedarf der Erdwärmepumpe, die das gesamte Haus mit Wärme und warmen Wasser versorgt, vollständig ab. Die neuen Wohnräume werden allesamt durch eine Flächenheizung, die alten Räumlichkeiten über Heizkörper erwärmt. Eine dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung regelt den Frischluft- bzw. Feuchtigkeitshaushalt der Räumlichkeiten. Die Kellerwände wurden außen mit 20 cm dicken Perimeterdämmplaten versehen, die Kellerdecke mit Holzfaserplaten gedämmt. Weil Buchwieser es an vielen Stellen gern genau nimmt, hat er sogar die Kellertüren bei seiner energetischen Generalüberholung nicht ausgelassen.

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Impressionen BILDER UMBAU (Marke Eigenbau)

Zusätzlich abgedichtete Kellertür
Zusätzlich abgedichtete Kellertür
Mehrfach Verglasung des Kellerfensters

Mehrfach Verglasung des Kellerfensters

Es ist unterdessen das drite Sanierungsprojekt, das Herr Buchwieser in Angriff nimmt. Da er eine Menge Eigenleistung einbringen kann und alle wesentlichen Adressen kennt, die er kontaktieren muss, wenn er Hilfe braucht, genießt er den Prozess genauso sehr wie das Ergebnis. 

Bei einem Prozess ist nicht nur das Ziel schön, sondern, wie beim Bergsteigen auch, das Gehen an sich. Der Blick vom Gipfel ist freilich das Schönste. Das Sehen und Fühlen nach erfolgreich gemeisterten Zwischenetappen machen aber genauso viel Freude.

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Außerdem vergisst der Bauherr nicht zu betonen, wie jede einzelne Handschrift der Mithelfer dem Haus zu seinem individuellen Anstrich verholfen hat. Dabei lobt er besonders die weibliche Fähigkeit, geduldig und akribisch auch die Feinarbeiten gestalten zu können, während die männlichen Kollegen stets gewillt sind, mit allen Kräften tatendurstig anzupacken. Den Aussagen seiner Mitmenschen, dass man sich den ganzen “Sanierungszirkus heutzutage ja gar nicht mehr leisten könne“ widerspricht er entschieden. Eine Sanierung rentiert sich in seinen Augen eigentlich fast immer. Man braucht vielleicht nur wieder ein bisschen mehr Mut zum Anpacken. 


Impressionen BILDER NACHHER

Bild nachher Südseite
Bild nachher Frontansicht

 

Heino Buchwieser vor dem Go Altbau Haus des Monats NOVEMBER

 

Mit Blick auf das Oberammergauer Festspielhaus